Weihnachten: Newsletter 16/2016
Weihnachtszeit - Bücherzeit!
Wir wollen ja nichts gegen Tablets und E-Reader sagen, doch Weihnachten offenbart mit schlagender Deutlichkeit, wo die Grenzen jener Medien liegen. Oder haben Sie schon einmal glänzende Augen bekommen, weil Ihnen jemand einen Linzenz-Schlüssel für zwei, drei Megabyte Daten geschenkt hat? Können wir uns irgendwie nicht vorstellen. Hingegen bei richtigen Buchgeschenken, und erst recht bei solchen aus dem Hause Nimbus!!! Schön anzuschauen und anzufassen, bei Bedarf sogar mit etwas Glitzern (siehe Tip von Julia Knapp), und dann erst noch der Inhalt! Aber sehen und lesen Sie selbst, was Freunde des Verlages, sowie einstige und aktuelle Mitarbeiter Ihnen hier empfehlen. Da werden Sie schlagartig alle Sorgen los, was Sie diesem oder dieser Liebsten denn schenken sollen. Und wenn Ihr eigener Wunschzettel noch nicht voll sein sollte - bitte sehr, hier wäre noch was!Lorena Zehnder träumt von der transsibirischen Eisenbahn
Wer sich gerne ferne Welten vorstellt, aber auch wissen will, wie es dort wirklich zugeht, dem sollte der wunderbare Bildband über die transsibirische Eisenbahn, «In Between. Sibirien China Mongolei» geschenkt werden. Im Sommer 2015 habe ich fast denselben Trip unternommen – von all den vielen Bildbänden, die es über diese einmalige Bahnstrecke gibt, ist das Buch von Katrin Streicher für mich das mit Abstand ehrlichste. Das Licht, die Farben, die Stimmung im Zug und an den Bahnhöfen – genau so habe ich es erlebt. Schön, dass ich mich mit dem Bildband an meine eigene Fahrt erinnern kann! Toll auch, dass auf diese Art jeder eine Vorstellung von dieser legendären Strecke bekommen kann.
Lorena Zehnder war 2014 Praktikantin bei NIMBUS und wurde anschliessend freie Mitarbeiterin im Bereich Buchgestaltung - sie hat eine Mammutaufgabe bewältigt und die letzten beiden Bände «Kunstsalon Cassirer» gesetzt. Die Reiselust hat sie nicht nur in die Mongolei getrieben – aktuell studiert sie in Aberdeen, Schottland, Linguistik und Literatur.
Oben: Katrin Streichers: In between. Sibirien China Mongolei. Unten: Lorena Zehnder glücklich in der Mongolei. Ausnahmsweise zu Pferd statt im Zug.
In between. Sibirien China Mongolei. Fotografien von Katrin Streicher, mit einem Text von Janika Gelinek auf Deutsch/Englisch. 96 Seiten, 59 Fotografien, Leinen mit Schutzumschlag. EUR 39.80, CHF 44.00. ISBN 978-3-907142-64-6.
Die Redaktion empfiehlt «Kunstsalon Cassirer»
Auch wer NIMBUS nur flüchtig kennt, kommt am Namen «Cassirer» nicht vorbei. Dass solch ein Projekt – bei dem Universitäten Millionen investieren und ein mehrköpfiges Team beschäftigen müssten – von einem kleinen Verlag realisiert wird, grenzt schon fast an Grössenwahn. Es braucht (um nur wenige «Bedingungen» zu nennen) Liebe und Leidenschaft, viel Wissen, eine fast nie endende Ausdauer, Eigeninitiative, Geduld, Glaube ans Unmögliche und vielleicht auch jugendlichen Übermut, um solch eine Publikation zu verwirklichen. Im Herbst ist nun der dritte Doppelband dieser kunsthistorisch bedeutenden Reihe erschienen und wie bei den Bänden zuvor sind es über 1’000 Seiten mit über 1’000 farbigen Abbildungen geworden. Präsentiert wird die Hochblüte des Kunstsalons in den Jahren 1910-1914, wobei Paul Cassirer neue und teilweise bis heute unerreichbare Massstäbe setzte, zum Beispiel stellte er an einer Ausstellung über 150 van Goghs aus. (Heutzutage alleine schon versicherungstechnisch unvorstellbar ...)
Wer die ersten beiden Schuber schon besitzt, kann sich bei dieser «weihnachtlichen» Gelegenheit den neusten Teil zum Subskriptionspreis (EUR 115.- / CHF 128.-) gönnen. Wer noch keine der Bände sein Eigen nennt und nur annähernd kulturinteressiert ist, sollte nicht zögern und sich oder seinen Liebsten im besten Fall gleich alle drei Teile bestellen (dann ebenfalls zum Subskriptionspreis, einzeln gilt der Standardpreis - EUR 136.- / CHF 148.-). Lohnen wird es sich in jedem Fall!
Bernhard Echte, Walter Feilchenfeldt: Kunstsalon Cassirer.
Teil 1: Die Ausstellungen 1898-1905. Band 1 «Das Beste aus aller Welt zeigen», Band 2 «Man steht da und staunt». ISBN 978-3-907142-40-0
Der Schuber von Teil 3, die beiden Bände 5 und 6 von aussen und innen.
Teil 2 Die Ausstellungen 1905-1910. Band 3: «Den Sinnen ein magischer Rausch», Band 4: «Ganz eigenartige neue Werte». ISBN 978-3-907142-41-7
NEU Teil 3: Die Ausstellungen 1910-1914. Band 5: «Verheißung und Erfüllung zugleich», Band 6: «Eine neue Klassik». ISBN 978-3-907142-42-4.
Eva Nürmberger sieht die Welt gerne durch Jean Pauls Augen
Wer geht nicht gerne auf Reisen? Egal, ob man abtaucht in ein gutes Buch oder tatsächlich in die Welt hinauszieht, ganz besonders schön ist es, beides miteinander zu verbinden. Und wir sprechen nicht von Reiseführern oder Lesen am Strand. Nein, diese Empfehlung ist ein interaktives Vergnügen. Man hat nicht nur einen leidenschaftlichen Weltenbummler an seiner Seite, sondern auch einen, der sozusagen die Goldmedaille im Geniessen trägt: Jean Paul. Das macht den «Jean Paul-Taschenatlas» zum perfekten Weihnachtsgeschenk für Kenner und Uneingeweihte. Denn mit diesem Buch können Sie sich auf die Spuren des Dichters begeben und seine vielen Touren literarisch sowie physisch nacherleben. Neben zahlreichen interessanten Informationen über das Leben Jean Pauls, finden Sie witzige und unterhaltende Episoden. 30 Orte können Sie so erkunden und parallel die Erlebnisse des Dichters nachvollziehen. So sind sie mittendrin und voll dabei. Mit oder ohne Bier. Aber garantiert mit viel Freude.
Eva Nürmberger war 2014 Praktikantin bei NIMBUS und schreibt derzeit in Leipzig ihre Masterarbeit in Germanistik. Sie kommt ursprünglich aus Hof, wo Jean Paul «das beste geschrieben und das meiste gelitten» hat.
Eva Nürmberger und der Jean Paul-Taschenatlas vor Evas Bücherregal in Leipzig.
Jean Paul-Taschenatlas. Hrsg. Bernhard Echte, Michael Meyer. 488 Seiten, 380 Abbildungen, Fadenbindung, Broschur. EUR 24.80 / CHF 28.80. ISBN 978-3-907142-82-0.
Und wenn Sie noch mehr wissen oder mehr Wissen verschenken wollen, gibt es bei uns auch die grossformatige Jean Paul Bildbiographie «Das Wort und die Freiheit». Sie erzählt in einzigartiger Weise das ganze Dichterleben über Objekte, Manuskripte, Bücher, Ansichten und Portraits.
Axel Wessling war und ist «dabei»!
Als ich das Cover sah, war mein erster Gedanke: «Der steht da wie Franz Kafka.» Das war der Impuls, den Klappentext zu lesen. Aha, es geht um die Biographie eines Herrn Flechtheim. Ich kannte nur den Flechtheimspeicher aus meiner Heimat Münster. Als sich mir das Buch über die Begriffe Münster, Kunst, Kaufmannskunst, eigenständiger Geist und meinen Zweitwohnsitz Berlin erschließen ließ, kaufte ich es. Bereut habe ich es nie. Ich lernte viel über die verrückten alten Zeiten, als die Picassos, die Kubisten, die Beckmanns und Paul Klees gerade in Deutschland und Europa entdeckt wurden. Diese Zeiten hat Ottfried Dascher mit der persönlichen Lebensgeschichte eines Ihrer Protagonisten ummantelt und umgekehrt. Nach Lektüre des Buches kann ich mit Fug und Recht behaupten: «Ich war dabei!».
Il presidente Axel Wessling und die Flechtheim-Biographie «Es ist was Wahnsinniges mit der Kunst»
«Dabei» war Axel Wessling auch an der Leipziger Buchmesse 2014. Dort kam er zu unserem Stand geschlendert – der Rest ist Geschichte. Die Begeisterung für unser Programm reisst bis heute nicht ab. Nun gehört er zur NIMBUS-Familie und wurde im März 2016 nach einer «Leipzig liest»-Veranstaltung prompt zum Präsidenten des am selben Abend gegründeten NIMBUS-Fanclubs gewählt. Er besucht uns regelmässig an den Messen und überrascht uns immer wieder damit, dass er unverhofft auf Veranstaltungen in Eisenach oder Zürich aufkreuzt, um uns den Rücken zu stärken. Il Presidente, wie wir ihn liebevoll nennen, lebt und arbeitet in Stuttgart.
Ottfried Dascher: Es ist was Wahnsinniges mit der Kunst. Alfred Flechtheim. Kunsthändler, Sammler, Verleger. 512 Seiten, 173 Illustrationen, broschierte Neuauflage, Fadenheftung. EUR 32.-, CHF 36.-. ISBN 978-3-907142-95-0.
Die Corsettière Beata Sievi über unser Modebuch, das perfekte Geschenk für «jederfrau»
«Die Mode ist die Waffe der Geschlechter. Eine geistreiche Frau ist mit ihrer Hilfe imstande, der naturbedingten Polygamie des Mannes gerecht zu werden, viele Frauen in einer Person zu sein.»
Diese weibliche Koketterie und Kunst der Frau, die Mode als Mittel zur Emanzipation einzusetzen, fehlt heutzutage. Zu meinem grossen Bedauern, denn mein Metier ist stark verbunden mit dem «Versuch einer Frau, den Mann zur Liebe zu verlocken». Und ich wünsche mir, dass mehr Frauen genau diese Selbstverständlichkeit in der Verführung wie auch in ihrer Selbstverwirklichung durch Schönheit und Mode kultivieren würden.
Helen Hessels Feuilleton-Sammlung «Ich schreibe aus Paris» führt uns in eine andere Epoche, die nichts an Modernität eingebüsst hat und lässt einen förmlich Pariser Luft um die Nase wehen. Man spürt beim Lesen die zarten Stoffe in den Händen und verfällt diesem Streben nach Perfektion im Detail. Die wunderschönen und seltenen Modefotografien führen die Zeit noch besser vor Augen. Mir zeigt sich eine Metropole, deren Gesellschaftsleben sich um die Mode drehte, ohne dabei oberflächlich zu sein. Nein, Eleganz und gepflegte Umgangsformen hatten ihre eigene Bedeutung, ohne die Frau in eine Anziehpuppe zu verwandeln.
Beata Sievi ist eine langjährige Freundin des Verlages und hat in dessen Anfangsjahren am Stand auf der Frankfurter Buchmesse ausgeholfen. Damit war sie uns nicht nur eine unglaubliche Stütze, sondern hat hausintern den modischen Standard hoch gesetzt (was jedem Besucher an der Messe sofort ins Auge fallen müsste!). Ihre Liebe zur Mode erklärt sich auch durch ihren Beruf: Sie ist die einzige auf Massanfertigung hochwertiger, exklusiver Korsetts spezialisierte Modedesignerin in der Schweiz. Zu ihren atemberaubenden Kreationen gelangen Sie hier.
Oben: Helen Hessels Ich schreibe aus Paris. Unten: die schöne und belesene Corsettière Beata Sievi.
Helen Hessel: Ich schreibe aus Paris. Über die Mode, das Leben und die Liebe. 380 Seiten, 75 Illustrationen, fadengebunden, Halbleinen. EUR 36.00, CHF 39.80. ISBN 978-3-03850-003-2.
Die Redaktion empfiehlt Friedrich Glausers Briefe als Krimi für den Mann und Schmelzgarant für die Frau
Die Diskussion um dieses Buch war mit Abstand die angeregteste in der Redaktionskonferenz. Nicht ob wir den Titel nennen sollen, sondern wie, war die Frage. Als Geschenkempfehlung von Männern für Frauen wurden Glausers Briefe an Elisabeth von Ruckteschell vorgeschlagen. Empörung auf Seiten der Männer – man blamiert sich doch, wenn man der Geliebten Briefe schenkt, die man selbst so wunderbar nie hinbekommt. Also umgekehrt – die Frauen schenken den Männern? Spannend wie ein Krimi sind die Texte, und wer den Roman «Matto regiert» gelesen hat, erkennt viele Parallelen zum Autor Glauser selbst. Die Flucht aus der Nervenklinik beispielsweise fand wirklich statt – und im Fluchtauto sass die mutige Elisabeth von Ruckteschell, Glausers Jugendliebe, an die der Grossteil der zauberhaften Briefe gerichtet sind. Allerdings rebellierten nun die Frauen: diese Texte möchte man doch selbst besitzen und sich hineinträumen in die Rolle der Empfängerin ... Ob sich «Man kann sehr schön mit dir schweigen» nun wirklich als Geschenkbuch unter Paaren eignet? Wir sind uns immer noch nicht sicher. Aber schliesslich kann man (Frau!) sich ja auch selbst etwas zu Weihnachten schenken. Und beim Lesen schmelzen. Seufz.
Friedrich Glauser: «Man kann sehr schön mit Dir schweigen» Briefe an Elisabeth von Ruckteschell und die Asconeser Freunde, 1919-1932. 202 Seiten, Leinen mit Schutzumschlag. CHF 24.80 / EUR 22.00. ISBN 978-3-907142-32-5.
Oben: Die von Glauser zärtlich «Liso» genannte Elisabeth von Ruckteschell. Unten - Friedrich Glauser: «Man kann sehr schön mit Dir schweigen»
Ansgar Riedißers Emfpehlung zeigt den faszinierenden Versuch, Tanz und Sprache zu verbinden
Wie Pina Bausch, die Wirtstochter aus Solingen, vorsichtig tastend ihre Inspirationsquellen und Arbeitsprozesse beschreibt, ist schon alleine sprachlich ein Erlebnis. In dem Interviewband «O-Ton Pina Bausch» werden erstmals Radio-, Fernseh- und Zeitungsinterviews aus der gesamten Schaffenszeit der Choreografin präsentiert. Nachdenklich und immer um den präzisesten Ausdruck bemüht, fällt Pina Bausch sich selbst ins Wort und wundert sich manchmal über sich selbst – immer auf der Suche nach einer Übersetzung für ihre eigentliche Sprache, den Tanz. Ohne viel Vorwissen über ihr Werk habe ich mich von den Interviews und Reden der Choreographin und ihrer besonderen Weltwahrnehmung faszinieren lassen – und kann das Buch allen an Tanz, Sprache und Kunst Interessierten nur dringend empfehlen.
Ansgar Riedißer war im Sommer 2016 Praktikant bei Nimbus - er kam direkt vom Abitur. Jetzt ist er in Leipzig und studiert dort Arabistik. Ansgar Riedißer ist Jung-Autor und hat bereits zahlreiche Lyrik-Wettbewerbe auf deutscher Bundesebene gewonnen.
O-Ton Pina Bausch. Interviews und Reden. Hrsg. Stefan Koldehoff, Pina Bausch Foundation. 400 Seiten, 11 Illustrationen, Spezialeinband «Tanzboden», fadengebunden, Lesebändchen, Banderole. EUR 29.80, CHF 32.00. ISBN 978-3-03850-021-6.
Noch mehr Bücher für Tanzbegeisterte:
In «Pina Bausch backstage» findet man seltene Fotos von KH. W. Stecklings aus der Anfangszeit der Choreographin.
Ansgar Riedißer, eingerahmt von O-Ton Pina Bausch und unseren weiteren Tanz-Titeln.
«Proben in der Lichtburg», fangen den einzigartigen Zauber des Tanztheater-Probenraums in dem alten Kinosaal «Lichtburg» ein, und ermöglichen Aussenstehenden einen seltenen Einblick in die Arbeit von Pina Bausch.
«Die Befreiung des Körpers», die Memoiren der Schweizer Tanzlegende Suzanne Perrottet, sind außerordentlich spannend und facettenreich. Sie war eine der Pionierinnen des modernen Tanzes.
Francesca Maurer stolpert bei der Arbeit über einen wahren Schatz
Eine meiner ersten Aufgaben bei NIMBUS war es, für einen Vortrag Fotos in eine gewünschte Reihenfolge zu bringen. «Schnell gemacht», dachte ich – und irrte mich. Zu meiner Überraschung lag dies nicht an der Aufgabe, sondern an den Bildern, die meine Arbeit verzögerten. Schon die erste Aufnahme starrte ich lange auf dem Computerbildschirm an. Ich konnte nicht fassen, was ich sah! Wie macht das Barbara Klemm nur?
Die «Straßen-Bilder» der langjährigen FAZ- Redaktionsfotografin wirken teilweise arrangiert wie Bühnenbilder. Rund um den Globus erscheinen Strassen als Bühnen und die Darsteller sind die Menschen, die sich darauf bewegen. Außerdem wirken mit: der Zufall und Barbara Klemms Auge für die Situation - ihre unglaubliche Fähigkeit, Konstellationen zu sehen und durch sie die Bildkomposition sichtbar zu machen. Das Werk zeigt echte und teilweise intime Momente, die trotz ihrer Erstarrtheit scheinbar in Bewegung sind, dass man sich als Betrachter fast schon als Voyeur fühlt. Barbara Klemm zeigt die Realität in all ihren farbigen Facetten in schwarz- weiss Fotografien, ohne wertend oder plakativ zu wirken. Ich kann «Straßen Bilder», genau wie jedes weitere Werk von ihr (finden Sie hier), aus tiefstem Herzen schlicht jedem empfehlen, der sehen kann.
Francesca mit dem Bildband «Straßen Bilder» vor einem original Klemm‘schen Handabzug der Coverabbildung
Unsere derzeitige Praktikantin Francesca Maurer hat an der Universität Zürich Literatur und Kunstgeschichte studiert. Ihre erste Begegnung mit dem Verlag fand an einer Indianer-Soiree/ Flametti-Lesung statt. An diesem Abend hat sie beschlossen, bei der nächsten sich bietenden Gelegenheit eine Bewerbung einzureichen. Denn wer kann uns schon mit farbigen Streifen im Gesicht und Federn im Haar widerstehen?!
Barbara Klemm: Straßen Bilder. Mit Texten von Barbara Catoir und Hans Magnus Enzensberger. 256 Seiten, 200 Fotos, Leinen mit Schutzumschlag. EUR 58.00, CHF 64.00. ISBN 978-3-907142-48-6.
Fabian Zimmer lässt sich gerne immer wieder aufs Neue überraschen
Le moment fugitif – seit ich dieses Werk das erste Mal in den Händen hielt, höre ich den Titel mit einem starken deutschen Akzent: Lö momo füschitif. Das ist natürlich vollkommen unangebracht. Immer wieder schlage ich dieses Buch auf, irgendwo, und betrachte eine der Bilderserien von Stefan Moses, lese einen der Texte von Alexander Kluge. Mal sind es alltägliche, banale Augenblicke, mal blitzt die ganze Tiefe der Geschichte darin auf, oft beides zugleich. Ein wahres Spiegelkabinett voller Entdeckungen! Nicht nur das; auch die Aufmachung ist eine wahre Augenweide. Dieser grossformatige Text-Bildband spielt mit der Figur des Triptychons, wobei immer drei Bilder als Sequenz und ein Text zusammen als Einheit präsentiert werden. Der Spannungsbogen der sich durch die changierte Anordnung ergibt, bricht immer wieder an der scheinbaren Zufälligkeit.
Warum versteckt er sich denn nur? Fabian Zimmer hinter Le Moment fugitif.
Fabian Zimmer hat 2014 bei uns ein Praktikum gemacht und sich als «Zauberneffe» selbst ein Denkmal gesetzt. Seine technischen Fähigkeiten sind unerreicht und werden deswegen schmerzlich vermisst. Wir versuchen es ohne ihn eher mit ungeduldigem Schnippsen, Seufzen und Fluchen. Leider (noch) ohne Erfolg. Fabian Zimmer hat gerade seinen Master in Geschichte in Heidelberg abgeschlossen und spielt in der Band «The Ikarus Effect» als Schlagzeuger.
Alexander Kluge und Stefan Moses: Le Moment fugitif. 128 Seiten, 85 Fotografien, bedrucktes Leinen. EUR 39.80, CHF 44.00. ISBN 978-3-03850-009-4
Ausserdem von Stefan Moses: «Deutschlands Emigranten». Ein Bildband mit Kurz-Biographien von Christoph Stölzl.
Petra Cordioli empfiehlt Marianne Feilchenfeldt Breslauers Erinnerungen «Bilder meines Leben»
Ich durfte Marianne Feilchenfeldt Breslauer am Ende ihres Lebens selbst kennenlernen. Sie war eine eindrucksvolle Person, über deren Leben und Hintergründe ich aber erst durch die «Erinnerungen» viel erfahren habe. Deshalb gehört dieser wunderschöne Band mit den Memoiren der Fotografin und Kunsthändlerin, angereichert mit einer Auswahl ihrer Aufnahmen, ganz klar zu meinen Lieblingsbüchern.
Es ist wirklich bemerkenswert, was man hier alles über die Zeitgeschehnisse und über die privaten Geschichten und Erfahrungen einer Persönlichkeit von Format erfährt, obwohl der Band ursprünglich nur für die Familie und enge Freunde gedacht war. Vor allem die Beschreibung der kleinen intimen Momente haben mich beim Lesen in den Bann gezogen und doch ist «Bilder meines Lebens» eine Jahrhundertchronik aus der Sicht einer aussergewöhnlichen Frau.
Sie nimmt den Leser mit auf ihre zur damaligen Zeit für eine junge Dame doch eher unüblichen Reisen, unter anderem mit Annemarie Schwarzenbach nach Spanien und in den Nahen Osten. Ein Buch, das man nicht mehr aus der Hand legen kann!
Die Kunsthistorikerin Petra Cordioli ist seit 1997 die Mitarbeiterin von Walter Feilchenfeldt und war von Anfang an involviert in unser grosses Projekt zum Kunstsalon Cassirer. Sie ist ausserdem als Kunsthandwerkerin selbständig und näht unter dem Label Schmuckzauber ausgefallene individuelle Kinderspielsachen.
Die Memoiren Bilder meines Lebens und Petra Cordioli.
Marianne Feilchenfeldt Breslauer: Bilder meines Lebens. Erinnerungen. 224 Seiten, 40 Fotografien im Duton, broschierte Sonderausgabe. EUR 22.-, CHF 24.-. ISBN 978-3-907142-80-6.
Julia Knapp trägt (literarische) Schmuckstücke lieber mit den Händen als an den Fingern
In unsere Reihe «unbegrenzt haltbar» bin ich regelrecht verliebt, schon alleine, weil die Bände so liebevoll gestaltet sind und durch eine besondere «Zugabe» bereichert werden – ein Manuskript, ein unpubliziertes Vorwort, einen Brief. Wir legen hier Texte neu auf, die vergriffen oder höchstens noch antiquarisch greifbar sind, aus Überzeugung, dass diese Werke langfristig in einer schön gebundenen Ausgabe vorliegen sollten – sie sind eben «unbegrenzt haltbar».
Band 1 (mit grünem Leinen) sind Feuilletons über die Zeit, in der aus Berlin eine Metropole wurde. Ferdinand Hardekopf streifte um 1900 durch die Strassen der Stadt, besuchte Cafés, Varietés und die damals noch ganz neuen Bars – es ist ein Genuss, ihm lesend zu folgen. Band 2 (in blau) ist ein radikales Buch: Hans Erich Nossacks Erzählung «Die Schalttafel» geht im Rahmen eines nächtlichen Gesprächs der Frage nach, ob es Freiheit in einer Welt von sozialen und beruflichen Zwängen überhaupt geben kann. Ein Buch, das einen atemlos lässt – eigentlich ein Krimi, der den Leser und dessen persönliches Freiheitsempfinden unversehens zum Mittelpunkt macht. Band 3 (mit goldgelbem Leinen) ist der charmante Roman «Flametti» von Hugo Ball. Er erzählt vom Varietée-Direktor Flametti und seiner Truppe, bestehend aus Ausbrecherkönigen, Soubretten, Jodlern und Feuerschluckern. Sie alle träumen von einer Künstler-Karriere, von Liebe – und einer gebratenen Gans. Eine liebevolle, temperamentvolle und witzige Milieu-Schilderung grossherziger Künstler am Existenzminimum - nicht nur, weil der Leineneinband weihnachtlich glitzert meine absolute Geschenkempfehlung!
Julia Knapp und die ersten drei «unbegrenzt haltbar»-Bände: «Berliner Briefe» (grün) «Flametti» (gelb) und Die Schalttafel (in blau)
Julia Knapp arbeitet seit 2013 als rechte Hand des Verlegers bei Nimbus. Die Literaturwissenschaftlerin realisiert auf und hinter der Bühne seit Jahren literarische Veranstaltungen – für Nimbus steht sie regelmässig als Helen Hessel, Ferdinand Hardekopf, Marianne Breslauer und Suzanne Perrottet auf der Bühne.
Ferdinand Hardekopf: Berliner Briefe. Feuilletons 1899-1902. 224 Seiten, Halbleinen, Fadengebunden mit Lesebändchen. EUR 28.00, CHF 29.80. ISBN 978-3-03850-015-5. Hans Erich Nossack: Die Schalttafel. Mit der Fassung der Handschrift. 112 Seiten, Halbleinen, Fadenbindung, Lesebändchen. EUR 19.80, CHF 22.00. ISBN 978-3-03850-014-8. Hugo Ball: Flametti oder vom Dandysmus der Armen. Hrsg. Bernhard Echte. 224 Seiten, 8 Illustrationen, mit dem unveröffentlich gebliebenen Vorwort, Halbleinen, Fadenbindung, Lesebändchen. EUR 28.00, CHF 29.80. ISBN 978-3-03850-022-3.
Grosse Geschenke und kleine Bestseller: Bernhard Echte über unverlangt eingesandte Manuskripte und «Toni»
Es kommt sehr selten vor, dass man zwei Geschenke auf einmal bekommt. Ich hatte einmal dieses Privileg, und das ging so: Zu den Schrecken jedes Verlegerlebens gehören die sogenannten «unverlangt eingesandten Manuskripte». Was einem da nicht so alles ins Haus segelt – vom flammenden Appell zur Rettung der Welt durch Makrobiotik bis zum erotischen Skilehrer-Roman. Einmal aber war ein Manuskript-Couvert in der Post, Absenderin Kerstin Kempker, und nach einer halben Seite wusste ich: Wirkliche Literatur! Bis in die letzte sprachliche Filiation hinein eigen und in keiner anderen Form denkbar. Wir hatten eine wirkliche Autorin entdeckt! Und druckten ihren Roman sofort: «Das wird ein Fest» – ein kostbares Geschenk für unseren Verlag. Als das Buch erschien, erhielten wir noch ein zweites. Als kleinen Dank steckte uns Kerstin Kempker eine Arbeit ihrer Tochter Paula zu: «Toni» – eine charmant-nachdenkliche Bildergeschichte ohne Worte über ein junges Paar, das sich einen lebendigen Bären anschafft – auf einem Rollwägelchen und mit einer roten Kordel. Das Ganze als kleiner Leporello gestaltet – und wieder war da dieser Moment des Entdeckerglücks: Wunderbar! Machen wir sofort! Es ist das Lieblingsprodukt all unserer Messe-Besucher geworden. Sogar nach Honkong haben wir es schon verkauft: 200 Stück aufs Mal. Von Kerstin Kempker durften wir unterdessen schon das dritte Buch herausbringen: «Nur die Knochen bitte». Illustriert und gestaltet hat es Paula Kempker. Die Tradition des doppelten Geschenks setzt sich damit fort. Machen Sie’s zu Weihnachten einfach nach.
Bernhard Echte und sein Lieblingsbär Toni.
Bernhard Echte ist der Verleger von NIMBUS und hat in allen literarischen Genres ein umfangreiches Vorstrafenregister. Sollten Sie sich für die Geschichte einer Glauser-Manuskript-Errettung aus der Müllverbrennungsanlage, unverhoffte Funde in Zeitungsarchiven, staunendes Sammlerglück in Antiquariaten und Buchverkäufe von der LKW-Rampe herab interessieren, sei Ihnen ein Bucheinkauf in der «Villa zum Abendstern» empfohlen - die hat freilich auch noch eine ganz eigene Geschichte ...
Paula Kempker: Toni. Eine Novelle ohne Worte. Leporello, Hardcover. CHF 12.80 / EUR 9.80 ISBN 978-3-907142-81-3.