Eigentlich hätte Marianne Breslauer ein sehr bequemes Leben führen können: der Grossvater war der erste Direktor des Berliner Kunstgewerbemuseums, der Vater ein angesehener Architekt, das Elternhaus – eine Villa in Dahlem – verfügte sogar über einen Ballsaal.
Aber die junge Frau wollte mehr vom Leben, suchte nach einer Aufgabe und wurde so eine der ersten Fotojournalistinnen, die in den 1920er Jahren die Studios verliessen, um auf der Strasse und auf Reisen zu fotografieren. Mit 20 ging sie nach Paris, lernte dort Man Ray kennen, der sie sein Labor nutzen liess. Ihre Bitte, bei ihm in eine Art Lehre zu gehen, erfüllte er allerdings nicht: "Er sagte, ich könne doch eigentlich schon alles. Was er mir denn da noch beibringen solle?"
Tatsächlich war sie ein Naturtalent und verfügte von Anfang an über eine eigene Bildsprache. Schon ihre ersten Fotos aus Paris wurden in den illustrierten Beilagen der "Frankfurter Zeitung" und in der "Dame" gedruckt. Kurz darauf wurde sie von einer Bildagentur mit Marianne Schwarzenbach auf eine Reise durch Spanien geschickt. Auch aus Palästina brachte sie bewegende Bilder mit.
Eine grosse Karriere schien vor ihr zu liegen, doch durch die Machtübernahme der Nazis 1933 wurde alles anders. Marianne Breslauer durfte nicht mehr unter ihrem Namen publizieren, und ihr Mann, der Kunsthändler Walter Feilchenfeldt, ging ins Exil. 1936 folgte sie ihm nach und erlebte an seiner Seite die wohl bewegtesten Jahre des Kunsthandels im 20. Jahrhundert: Bilder von zahllosen Exilanten wollten in Sicherheit gebracht oder verkauft werden, um den Flüchtlingen die Existenz und Weiterreise zu ermöglichen. Bei Kriegsausbruch war sie zufällig in der Schweiz und wurde hier als Staatenlose geduldet.
Nach dem frühen Tod ihres Mannes im Jahr 1953 stand sie vor einem weiteren Neu-Anfang. Obwohl der Kunsthandel bis dahin eine Männer-Domäne gewesen war, entschloss sie sich, das Geschäft weiterzuführen, und stieg binnen kurzem zu einer führenden Persönlichkeit der Branche auf. Ihre Devise war, immer nur das Beste zu kaufen, und so wurde sie für die grossen Sammler und Museen in Europa und Amerika rasch zu einer ersten Adresse. Ihr Haus an der Zürcher Freiestrasse galt als Treffpunkt für alle, die in Kunst und Kultur einen Namen hatten.
Als Marianne Feilchenfeldt Breslauer 2001 im Alter von 92 Jahren starb, hinterliess sie einen Band mit Memoiren, die wie ein "Who is Who" des 20. Jahrhunderts wirken. Wir laden Sie ein zu einem Bildvortrag mit Lesung aus einem faszinierenden Zeitdokument und stellen Ihnen eine selbstbestimmte und mutige Frau vor, die im Zentrum des künstlerisch-intellektuellen Lebens ihrer Epoche stand.
Vortrag: Bernhard Echte, Verleger
Lesung: Julia Knapp, NIMBUS. Kunst und Bücher
Eintritt frei, Anmeldung auf der Website des Veranstalters notwendig.
Beim anschliessenden Apéro haben Sie die Möglichkeit, das Buch und andere Titel aus dem Verlagsprogramm zu erwerben.